
entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 5. Klasse, Stand 1982
Die Bürger Athens waren auf dem Wege zur Volksversammlung. Würdevoll schritten reiche Kaufherren, Besitzer von Werkstätten, Großgrundbesitzer dahin. Selten grüßten sie Vorübereilende in schlichter Kleidung. Heute waren viele Handwerker, Händler, auch Tagelöhner unterwegs zum felsigen Hügel im Westen der Stadt. Seit vier Tagen konnte jeder das Programm der Volksversammlung erfahren, das Tafeln auf dem Markt verkündeten. Ein Punkt bewegte die Gemüter der Athener Bürger besonders.
Der Versammlungsort war von roten Seilen umschlossen. An den Eingängen kontrollierten Beamte, dass nur freie Bürger den abgesteckten Raum betreten konnten. Kein Sklave oder Fremder hatte Zutritt.
Die Versammlung begann mit Gebeten und Opfern. Der Opferrauch stieg gerade zum Himmel, das Opfer war also günstig verlaufen.
Jetzt stieg ein Mann auf die Rednerbühne und setzte sich den Myrtenkranz auf den Kopf. Ihn kannten alle Bürger, es war Perikles. Ihm verdankten sie einen Friedensvertrag mit Sparta und die große Stärkung der Athener Flotte. Er hatte auch die Vorherrschaft Athens über viele griechische Staaten erreicht. Diese zahlten Tribut für das Athener Versprechen, die zu schützen. Heute sprach Perikles nicht über einen Kriegsplan oder die Lage der Wirtschaft. Mit klaren, kühnen Worten zeichnete er ein Bild des Burgberges. Jetzt lag dort viel in Trümmern, in 20,30 Jahren sollte er Zeugnis des Reichtums und der Kraft Athens sein. Perikles sprach über seine Pläne für eine neue, herrliche Anlage der Akropolis.
Woher sollten die Mittel für den Bau kommen? Wird es eine Steuer geben, die wir zahlen müssen? Die Fragen kreisten in den Köpfen der Versammlungsbesucher. Aber auch darauf gab Perikles eine Antwort. „Die Bundesgenossen“, so nannte er die Staaten, die Athen Tribut zahlten, „haben ja kein Pferd, kein Schiff, keinen Mann gestellt, sondern nur Geld beigesteuert, und das gehört nicht denen, die es geben, sondern denen, die es bekommen, wenn sie nur leisten, wofür es ihnen gegeben. Wenn aber der Stadt Athen an Kriegsbedarf nichts mehr fehlt, dann soll man den Überfluss verwenden für Unternehmungen, die für die Zukunft unsterblichen Ruhm versprechen.“
„Der Plan wird als unseren Besitz nicht schmälern“, stellten Kaufleute und Werkstattbesitzer zufrieden fest. „man wird meinen Marmor brauchen“, grübelte der Besitzer von Marmorbrüchen auf der Insel Paros, „ich werde mir noch Sklaven mieten. Ich muss dafür sorgen, dass sie schneller arbeiten, denn dann werde ich schnell Marmor liefern können und gut verdienen.“
Kaufleute dachten an Edelhölzer, Gold, Elfenbein und Edelsteine, die ihre Schiffe aus fernen Ländern heranschaffen konnten. Steinmetzen, Zimmerleute und Schmiede sahen sich im Geiste schon mit ihren zwei oder drei Sklaven für die Burgbauten arbeiten. „Das sind Aufträge, die uns über Jahre hinaus beschäftigen. Vielleicht kann ich mir bald noch Sklaven dazukaufen. Das wird ein einträgliches Geschäft.“ So oder ähnlich dachten viele Teilnehmer an der Volksversammlung.
Als über den Antrag des Perikles abgestimmt wurde, hoben die meisten Bürger ihre Hand. Sie waren einverstanden damit, dass die Akropolis den Ruhm und den Reichtum der Stadt weithin sichtbar machen würde.
Weitere Redner traten auf die Rednerbühne. Sie berichteten über durchgeführte Maßnahmen oder unterbreiten Pläne. Jeder aus dem Kreis der Versammelten konnte, wenn ein Redner geendet hatte, an ihn Fragen stellen oder seine eigene Meinung vortragen.
Nach Stunden war alles besprochen. Der Vorsitzende gab dem Herold ein Zeichen. Laut verkündete der das Ende der Volksversammlung. In neun Tagen würde die nächste Volksversammlung stattfinden.
Jetzt glitt der Blick vieler zur Akropolis hinüber. Die Gedanken waren noch mit dem Plan des Perikles beschäftigt.

entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 5. Klasse, Stand 1982
Irgendwie kommt uns das bekannt vor. Darum wird uns erzählt, dass das alte Griechenland die Wiege der Demokratie sei. Geschäftsleute wollen ihre Interessen durchsetzen, in der Politik sind in der Regel Leute vom Mittelstand an aufwärts vertreten. „Kleine Leute“, wie z.B. Arbeiter nur in Ausnahmefällen, denn sie haben in der Regel nicht die Zeit und die Energie für das politische Geschäft, denn sie sind ja nicht gleich Berufspolitiker. Eine Kandidatur für das Parlament muss neben dem Beruf erfolgen. Stadtratsarbeit ist ohnehin ehrenamtlich. Heute agieren in den Parlamenten Lobbyisten. So werden die Interessen der herrschenden Klassen durchgesetzt.

Entnommen aus dem Geschichtsbuch der DDR für die 5. Klasse, Stand 1982, bearbeitet von Petra Reichel